Tourniquet
Inhaltsverzeichnis
Lebensbedrohliche Blutungen müssen laut dem xABCDE Schema (Untersuchungsschema für den Rettungsdienst) vor dem Ergreifen aller anderen Maßnahmen gestillt werden. Unterschieden wird allgemein zwischen kontrollierbaren und nicht kontrollierbaren Blutungen. Bei
lebensbedrohlichen Blutungen immer eine zeitnahe Nachforderung von Spezialkräften bedenken z.B. 112 I Notarzteinsatzfahrzeug I luftgebundene ärztliche Versorgung
Definition Kontrollierbare und Nicht-Kontrollierbare externe Blutungen
Als kontrollierbare Blutungen bezeichnet man diese, welche man mit einer manuellen Kompression, also dem manuellen Druck auf die Blutung, einer Hochlagerung aber auch durch einen Druckverband kontrollieren kann.
Nicht-kontrollierbare Blutungen sind im Gegensatz Blutungen, die sich nicht durch eine einfache Kompression oder einen Druckverband beheben lassen. Hier ist es notwendig, die Maßnahmen weiter zu eskalieren und mit einem Abbinden der betroffenen Stellen vorzugehen.
Auch die Anwendung von blutungsstillenden Verbandsstoffen, sog. Hämostyptika ist möglich.
Vorgehen Blutungskontrolle
Allgemein sollte, wie auch bei allen anderen Maßnahmen mit der am wenigsten invasiven
Maßnahme angefangen werden und erst bei Misserfolg dieser aufgestuft werden
1. Betroffene Stelle hochlagern
2. Wunde manuell komprimieren
3. Druckverband anlegen – ggf. zweiten Druckverband anlegen
4. Abdrücken der Blutung durch manuellen Druck auf die zuführenden Gefäße genauer
auf die Art
5. Abbinden der betroffenen Extremität mittels Tourniquet (TQ)
Definition Tourniquet
Das Tourniquet ist ein breites Stauband, das speziell dem Stillen großer Extremitätenblutungen dient.
Ein vollständiges Abbinden der Extremitäten und somit eine vollständige Blutungsstillung ist hier das Ziel der Anwendung.
Der Bereich distal (unterhalb) des TQ wird hier vollständig abgebunden.
Indikation
• Ultima Ratio (letztes geeignetes Mittel)
• Extremitätenverletzung
→ keine Anwendung an Bauch, Becken, Hals, Kopf, Thorax möglich
• Vorangestellte Maßnahmen, wie Druckverband und manuelle Kompression waren
erfolglos
• Schwere Blutung mit Kreislaufinstabilität
• Schlecht zugängliche Verletzung (Einklemmung im Fahrzeug)
• Gefahrensituation
• Amputation
Anwendung des Tourniquets
• Das Tourniquet ungefähr eine Handbreit proximal (in Richtung Körpermitte) der Wunde anlegen – Abseits von Gelenken
• „Knebel“ betätigen, bis die Blutung stoppt – vollständiges Stoppen der Blutung ist notwendig – Extremität sollte Pulslos sein
• Dokumentation der Uhrzeit der Anlage (auf dem Tourniquet oder auf der Extremität)
• Wunde steril abdecken Wichtig sind hier vor allem der korrekte Anlegeort, die korrekte Anlage und eine möglichst
kurze Anlagedauer <2 Stunden
Hinweise
Das Tourniquet bewirkt, dass die abgebundene Extremität nicht mehr mit Sauerstoff versorgt wird. Es entsteht eine Hypoxie (Sauerstoffmangel). Hierdurch entsteht erst ein Kribbeln in der abgebundenen Extremität, was sich zeitnah in einen sehr starken Schmerz, den Hypoxieschmerz ändert. Eine ausreichende Analgesie (Schmerztherapie) durch rettungsdienstliches oder fachärztliches Personal ist unabdingbar.
Mögliche Komplikationen
• TQ zu locker angelegt → Folge: nur venöse Stauung mit Ödembildung
• Lokale Ödeme mit Gefahr auf ein Kompartmentsyndrom
• Schädigung von Muskelzellen
Bei zu langer Anwendung
• Ausschwemmen von Kalium mit der Folge der Herzrhythmusstörungen
• Ausschwemmen von Thromben → Gefahr einer Lungenarterienembolie
Rettungsdienstliche Weiterversorgung MUST-HAVE
• Gezielt angepasste Volumentherapie
• Analgesie und bei Bedarf Sedierung
• Transportpriorität
• Zielort: Schockraum Traumazentrum I Gefäßchirurgie
Quellenverzeichnis
Lechner, R., Kulla, M., Josse, F. & Hoßfeld, B. (2019). Prähospitale Anlage von Tourniquets zur Kontrolle massiver Extremitätenblutungen – ein Update. Notarzt. https://doi.org/10.1055/a-0815-6703; Eckhardt C. Tourniquet. In: retten – Notfallsanitäter. 1. Auflage. Stuttgart: Thieme; 2023. Doi: 10.1055/b-006-163295 I Wiebke Seifart 10.2023
Abb 1) Eren, Marc | Envato Elements, 2023
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